REZENSION: Tschick von Wolfgang Herrndorf

WOLFGANG HERRNDORF – TSCHICK

„Ich dachte über die Insekten nach, die jetzt fast sichtbar wurden auf ihrer kleinen, flimmernden Galaxie, und dann drehte ich mich zu Tschick, und er guckte mich an und guckte mir in die Augen und sagte, dass das alles Wahnsinn wäre, und das stimmte auch. Es war wirklich ein Wahnsinn. Und die Grillen zirpten die ganze Nacht.“ (S. 122)

 

 

Allgemein

Das Buch erschien im Jahr 2010 und wurde unter anderem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.

Das Buch

Der 14-jährige Maik Klingenberg ist ein Außenseiter in der Schule. Seine Eltern führen keine glückliche Ehe. Die Mutter trinkt, der Vater fährt lieber mit seiner Assistentin auf „Geschäftsreise“. Keine guten Aussichten für die Sommerferien. Doch dann kommt ein Russe in seine Klasse: Tschick (eigentlich Andrej Tschichatschow) – und der fällt auf. Er riecht schon am ersten Tag stark nach Alkohol und ist auch sonst nicht gerade ein Musterbeispiel an Integration. Doch Tschick scheint der einzige in der Klasse zu sein, der an einer Freundschaft mit Maik interessiert ist. Als nun die Ferien beginnen, Maiks Vater sich auf „Geschäftsreise“ begibt und seine Mutter wieder mal einen längeren Aufenthalt in der Entzugsklinik antritt, sitzt Maik allein am Pool vor der Villa seiner Eltern. Und dann taucht Tschick auf, mit einem gestohlenen Auto und einem Vorschlag: Ein Trip in die Walachei – ohne Karte, ohne Kompass und natürlich ohne Führerschein.

Meine Meinung

Dieses Buch bietet eine köstliche Lektüre! Im Stil eines Roadmovies und sehr jugendlich geschrieben, bringt es genau die Idee des „einen Sommers“ in der Jugend rüber, an den man sich noch im Alter gerne zurückerinnert. Ein einerseits unglaublich lustiges, rasant geschriebenes Abenteuer mit sehr sympathischen Protagonisten. Andererseits ein feinfühliges Herantasten an die Thematik der Integration unter Jugendlichen, an Ausgrenzung, Toleranz und Freundschaft – vor allem Freundschaft.

Ein (Ab-)Satz…

„Ich stellte mich an den Straßenrand, und Tschick musste zwanzigmal an mir vorbeifahren, damit ich gucken konnte, wie er am erwachsensten rüberkam. Er legte beide Schlafsäcke als Kissen auf den Fahrersitz, setzte meine Sonnenbrille wieder auf, schob sie ins Haar, steckte eine Zigarette in seinen Mundwinkel und klebte sich zuletzt ein paar Stücke schwarzes Isolierband ins Gesicht, um einen Kevin-Kurányi-Bart zu simulieren. Er sah allerdings nicht aus wie Kevin Kurányi, sondern wie ein Vierzehnjähriger, der sich Isolierband ins Gesicht geklebt hat. Am Ende riss er alles wieder runter und pappte sich einen kleinen, quadratischen Klebestreifen unter die Nase. Damit sah er aus wie Hitler, aber das wirkte aus einiger Entfernung tatsächlich am besten. Und weil wir eh in Brandenburg waren, konnte das auch keine politischen Konflikte geben.“ (S. 107).

Für LeserInnen die…

… die das Gefühl von Unbeschwertheit kennen oder vermissen und die noch nach der richtigen Sommerlektüre voll jugendlichem Übermut und feinfühligem Umgang mit Toleranz und Freundschaft suchen.

Bewertung

Die Lektüre machte großen Spaß und gab mir gleichzeitig zu denken. Das Buch ist einfach klasse.

WOLFGANG HERRNDORF – TSCHICK

Taschenbuch: 256 Seiten
Verlag: rororo; Auflage: 6 (1. März 2012)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3499256355
ISBN-13: 978-3499256356
Preis: 8,99 Euro

Dieser Beitrag wurde unter 5 AundO´s, Rezensionen, Rund ums Wort abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

7 Antworten zu REZENSION: Tschick von Wolfgang Herrndorf

  1. Die Bücherdiebin schreibt:

    Oh klasse, das Buch ist gerade unterwegs zu mir – nach deiner Rezension freu ich mich jetzt doppelt aufs Lesen!

  2. MadHatter schreibt:

    Fand „Tschick“ auch sehr unterhaltsam. Etwas kurz zwar, aber dennoch lag in der Kürze auch die Effektivität dieser Road-Movie Geschichte. Herrndorf verpackte da einiges an Thematik mitrein, auf die es kein näheres „darauf Eingehen“ bedarf um dennoch thematisiert oder Platz in der Geschichte zu finden. Es gibt zwar vergleichbar viel Geschichten „aus den Jugendjahren“ (meine letzte Lesekost dieser Sparte – James Franco’s „Palo Alto“..nett, aber doch nur nett meiner Meinung nach), aber wenig, die mich so gepackt hatten wie diese.
    Was ich auch irgendwie interessant fan (und bitte korrektur, falls ich hierbei falsch liege), aber ich hab mir damals beim Erscheinen das Hardcover zugelegt (aufgrund der Empfehlung der Zeitschrift „Wiener“) und war überrascht zu sehen, dass „Tschick“ erst jetzt als Paperback Veröffentlichung es auf Thalia Bestseller Charts geschafft hat (wohl auch eine Preisfrage..leider, denn es gibt meiner Meinung nach viele Bücher, an denen viele *mich inklusive zugegeben* oftmals wegen dem hohen Hardcover Preis vorbeischauen).

    • Cornelia schreibt:

      Das ist glaube ich auch das Besondere an dem Titel (und weshalb das Buch wohl auch gerne und oft als Schullektüre für 14-jährige verwendet wird): dass es ernste Themen auf sehr unterhaltsame Weise verpackt und eben nicht zu langatmig geschrieben ist.
      Was die Bestsellerlisten-Platzierung angeht, weiß ich nicht genau, ab wann es in den Charts stand. Ich habe auch das Hardcover gekauft und mir ist das Buch bereits vor Veröffentlichung der Taschenbuchausgabe aufgefallen. Der Titel hat 2010 schon einige Preise gewonnen, was meist dazu führt, dass das Buch häufiger verkauft wird. Ich denke schon, dass des bereits vor der Taschenbuchausgabe ganz gute Verkaufszahlen verzeichnete.
      Aber du hast natürlich recht und ich bin da nicht anders: viele Bücher kaufe ich nicht, solange sie nicht als Taschenbuch erhältlich sind. Wenn man viel liest, ginge das einfach zu sehr ins Geld, würde ich mir ständig alle Hardcover-Neuerscheinungen kaufen, die mich interessieren. Jedoch gerade die Bücher, die Preise gewinnen (und natürlich jene wie Harry Potter etc die einfach so schon einen riesigen Hype mit sich ziehen) und damit verstärkt in den Medien sind, werden glaube ich, auch ganz gut als Hardcover verkauft.

  3. Jan schreibt:

    Hallo Cornelia, ein schönes Buch, und eine schöne Rezension, die du da geschrieben hast. Meine ist auch vor Kurzem fertig geworden.

  4. Pingback: Belletristik Bestseller 2012 Movies | Nur das Beste aus der Bücherwelt

  5. Pingback: Buch Tschick Rezension | Nur das Beste aus der Bücherwelt

Hinterlasse einen Kommentar