REZENSION: Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand

JONAS JONASSON: Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Originaler Titel: Hundraåringen som klev ut genom fönstret och försvann

Gelesen auf: DEUTSCH

  

Es ist wie es ist, und es kommt, wie es kommt.“ (Seite 40)

Allgemein

Der Debütroman des schwedischen Autors Jonasson erschien erstmals im Jahr 2009. Im Folgejahr war der Titel das am meisten verkaufte Buch in Schweden. Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand stand auch in deutschen Bestsellerlisten auf Platz eins und erhielt durchweg positive Kritiken.

Das Buch

Allan Karlsson wird 100 Jahre alt. Ein ehrwürdiges Alter, das gefeiert werden muss. Das denkt zumindest das Altersheim, in dem Allan seit kurzem wohnt und plant eine große Ehrenfeier – Bürgermeister und Lokalpresse eingeschlossen. Allan jedoch findet das so gar nicht verlockend, klettert kurzerhand aus dem Fenster und verschwindet Richtung Busbahnhof. Dort fällt ihm ein Koffer in die Hände, in dem sich nicht die erhoffte Ersatzkleidung, sondern einige Millionen Kronen aus Drogengeschäften befinden. Es entbrannt die irrwitzige Odyssee eines Hundertjährigen quer durch Schweden, der nicht nur von der Polizei und der Presse fiebrig gesucht wird, sondern auch noch die schwedische Mafia auf den Fersen hat. Für Allan jedoch kein Grund, die Nerven zu verlieren, hat er doch im Laufe seines Lebens ohne es zu wollen das ganze Weltgeschehen auf den Kopf gestellt.

Meine Meinung

Das Buch ist super. Ich habe gelacht wie lange nicht mehr beim Lesen. Die Geschichte ist mit einer wunderbaren Ironie und saftigem Sarkasmus geschrieben – Zutaten welche die Lektüre zum literarischen Genuss machen. Eine Absurdität löst auf irrwitzige Weise die andere ab und hält die Spannung konstant aufrecht. Einziger Kritikpunkt meinerseits wäre für mich ein gewisses moralisches Problem: eigentlich sehr ernste geschichtliche Ereignisse und Tragödien (Atombombe, russischer Gulag, Regime des Kim Il-sung in Nordkorea, Machtergreifung Maos etc.) werden auf absurde Art der Lächerlichkeit preisgegeben und dadurch in gewisser Weise ihrer Tragweite beraubt.

Ein Satz

,Irgendwie bin ich sicher, dass ich auch das hier wieder überleben werde“, meinte Allan.“ (Seite 214)

Für LeserInnen die…

Weltgeschichte mal etwas anders lesen wollen: absurd und untermalen mit einer spannenden und ausgesprochen witzigen Hetzjagd durch Schweden.

Bewertung

Ich habe die Lektüre genossen. Aufgrund des einen Kritikpunktes gibt es jedoch nicht die volle Punktezahl. Ich denke nämlich, es gibt Ereignisse in unserer Geschichte, die man mit etwas mehr Ernsthaftigkeit wahrnehmen sollte. Also:

Jonas Jonasson – Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Broschiert: 416 Seiten
Verlag: carl’s books (29. August 2011)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3570585018
ISBN-13: 978-3570585016
Preis: 14,99 Euro

Dieser Beitrag wurde unter 4 AundO´s, Rezensionen, Rund ums Wort abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

13 Antworten zu REZENSION: Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand

  1. Bücherphilosophin schreibt:

    Das Buch hab ich auch im Regal. Ich freu mich schon drauf 😀

  2. Die Bücherdiebin schreibt:

    Schön, dass dir das Buch gefallen hat! Ich schleiche auch schon länger drumherum, aber nach ein paar negativen Rezis bin ich etwas unentschlossen… Vielleicht probiere ich es jetzt doch mal – ausleihen kann ja nicht schaden 🙂
    Lieben Gruß von deiner Bücherdiebin!

    • Cornelia schreibt:

      Ja probiers nur mal. Ich fands sehr unterhaltsam. Was mir halt nicht gefiel, war die Tatsache, das doch ziemlich ernste Themen irgendwie „verlustigt“ wurden…

      • Die Bücherdiebin schreibt:

        wie man so lustig mit Kriegen und Atombombe umgehen kann, verstehe ich auch nicht ganz… aber ich werde nach deiner Rezi definitiv mal reinschauen – habe allerdings gesehen, dass das Buch in unserer Bibliothek aktuell 11(!) Vormerkungen hat. Ein bisschen wirds wohl noch dauern 😉

  3. Kathrin schreibt:

    Ich danke für deine Rezension! Endlich jemand, der über dieses Buch schreibt 😉
    Ich habe es zwar selbst im Herbst gelesen, aber anfangs keine Zeit zum Rezensieren gefunden und nun grübel ich schon seit etlichen Tagen damit, ob ich noch eine zum Hundertjährigen schreibe oder nicht – nach so langer Zeit fürchte ich einfach, nicht mehr alles zusammen zu bekommen (von meiner momentanen Schreib- und Leseflaute mal ganz zu schweigen). Mal schauen, ob das noch etwas wird 😉

    Was deinen Kritikpunkt angeht – da magst du nicht ganz unrecht haben. Ich selbst bin auch kein Fan von Hitler-Satiren und ähnlichem, da ich solche historischen Geschehnisse einfach zu furchtbar und grausam finde, um darüber zu scherzen. Andererseits hat Jonasson das ganze auf zu überdrehte Art gemacht – er macht sich ja nicht über die Ereignisse an sich lustig, sondern zeigt ja vielmehr auf, wie dumm und naiv diese ganzen Machtkämpfe und Egotrips sind, wie eingeschränkt entsprechende Persönlichkeiten der Zeitgeschichte in ihrer Denkweise waren und vor allem wie absurd Politik und Krieg eigentlich sind/ waren. Ich selber habe mich zumindest an dieser Satire nicht gestört, sondern herzlich gelacht und über die betreffenden Personen gelacht – obwohl ich sonst, wie erwähnt, bei solchen Sachen doch recht sensibel bzw. kritisch bin. Letztenendes ist es ja ein reines Hirngespinst und Jonasson hat schamlos rumgesponnen, sodass man dies alles auch wirklich nur mit einem Augenzwinkern betrachten sollte.
    Unberechtigt ist deine Anmerkung deswegen ja aber nicht. Gut, dass du dies überhaupt erwähnt hast, da potenzielle Leser, die bei solcher Satire empfindlich sind, vorher wissen, worauf sie sich einlassen 🙂

    • Cornelia schreibt:

      Da muss ich dir Recht geben. Vielleicht ist das falsch rüber gekommen in meiner Rezension. Er macht sich tatsächlich nicht lustig über diese Geschehnisse, sondern zeigt ihre Sinnlosigkeit und Dummheit satirisch auf. Ich glaub, das ist ein recht schmaler Grad bei derartigen Schilderungen nicht die Grenze zur Geschmacklosigkeit zu überschreiten. Ich denke nicht, das Jonasson das getan hat, trotzdem hat er für meinen Geschmack die Geschehnisse der Vergangenheit ein bisschen zu locker-flockig genommen. Es ist hier echt schwer zu urteilen…

  4. Pingback: Das Buch das ihr gerade lest -Seite 16 - Haustierforum.ch / Hundi.ch

  5. Pamina schreibt:

    Hi Cornelia,
    als ich das letzte Mal im Buchladen war und einfach mal wieder was lustiges lesen wollte viel meine Wahl auf das Buch. Und was soll ich sagen: seit dem Tag (gestern!) kann ich es nicht mehr weglegen. Ich bin gespannt, wie ich die von dir angesprochenen Kritikpunkte sehen werde. Sobald ich durch bin kannst du auch meine Rezension auf liesdochmaldas.de lesen.
    Liebe Grüße
    Pamina

  6. Jorge Bermejo schreibt:

    Habe das Buch meiner Freundin zu Weihnachten geschenkt. Habe gesehen, wie eine Schwedin es las. Stracks (das schwedische „strax“ ist dem deutschen recht sinnverwandt und hat wohl diese Vokabel in meiner eigenen Sprache aus dem passiven Wortschatz rekrutiert und aktiviert) habe ich mich für einen Schwedischkurs angemeldet (das war Ende Juli) und den Nachfolgekurs (Mitte August), um das Buch nun (Anfang September) im Urlaub zu durchschmökern.
    Ein Genuss von Anfang bis Ende. Nach der Hälfte des Buches begann ich, die Kapitel auf Deutsch nachzulesen, um sicher zu sein, dass das Absurde, was ich soeben gelesen, tatsächlich dem entsprach, was Herr Jonasson meinte.
    Der Übersetzer arbeitete bisweilen überragend (korrigierte an einer Stelle einen Rechenfehler, an der der Verfasser „35 Jahre“ schrieb statt „37“ (eller kvärtom – oder andersrum).
    Den Reim zum Bibelende fand ich auf Deutsch nicht so gelungen, ebenso an anderer.
    Den Piranha (Spitzname eines Verbrechers) hätte er nicht übersetzen dürfen, denn der „Gäddan & Gerdin“ klingt als Wortspiel Bennys eben ganz anders als „Piranha und Gerdin“. (Doch kritisieren ist leicht, mit einer genialen Lösung aufzuwarten, nicht ganz so einfach.)
    Meine Meinung: wer ein Problem hat, das Wort Neger zu lesen oder sonst neurotisch darauf reagiert, dass die Welt nicht voller Heilige ist, der braucht das Buch nicht lesen und dem Autor keine Schuld aufbürden. Das Buch ist vollkommen gelungen.
    Oder wie es die Schwedin damals ausdrückte: „Ich will nicht, dass den Buk endet.“

  7. Erik Heller schreibt:

    Ich lese für gewöhnlich nicht und habe es nur in den Urlaub mitgenommen um meinem Opa (der es mir schenkte) eine Freude zu mache (weil er weiß, dass ich normalerweise GARNICHT lese). Nunja ich hatte es nach ein paar Tagen durch, GENAU mein Ding. Ironisch, sarkastisch, alle paar Zeilen muss man schmunzeln, teilweise ist die Story absurd (komisch).
    Ich habe (außer der gymnasialen Pflichtlektüre) nicht viel Ahnung von Literatur, aber wer mir vom Schreibstil her Ähnliches empfehlen kann, gern!

  8. Ulrich Dörwald-Eickelberg schreibt:

    Ich frage mich wieso kein Kritiker das Buch als Schelmenroman verstanden hat, denn in die Gattung passt es am Besten http://de.wikipedia.org/wiki/Schelmenroman, also in der Tradition des Eulenspiegels und seiner zahlreichen Nachdichtungen. Eines ist mir nicht ganz klar geworden: Wieso rutscht der zweite Drogenrocker auf dem Elefantenmist aus, die machen doch Haufen, eher wie ein Pferd und nicht Fladen wie eine Kuh. Oder war es Elefantenpisse oder ein Übertragungsfehler?
    Ansonsten erinnert es von der Phantasie her an Gabriel Garcia Marquez oder Matt Ruff

  9. Pingback: Belletristik Bestseller 2012 Movie | Nur das Beste aus der Bücherwelt

Hinterlasse einen Kommentar